Projektergebnisse aus Hannover
15.03.2023
Region Hannover plant subventionierte Job- und Sozialtickets auf Basis des Deutschlandtickets
Das Deutschlandticket bietet viele Chancen – und hält die gesamte ÖPNV-Branche seit Monaten auf Trab. Nun durften wir Consorten dabei helfen, das Deutschlandticket im Großraum-Verkehr Hannover (GVH) noch attraktiver zu machen. Am 9. März stellte Christoph Stadter dem Verkehrsausschuss der Region Hannover die gefundene Lösung mitsamt der wirtschaftlichen Folgen vor.
Nicht alle Kundengruppen sind zu 100% glücklich mit dem 49-Euro-Ticket: So sind heutige Sozialtickets oft günstiger als 49 €, sodass für besonders einkommensschwache Menschen gar keine Entlastungswirkung eintritt. Dementsprechend wird über die soziale Gerechtigkeit eines einheitlichen Pauschalpreises für alle Einkommensgruppen durchaus kontrovers diskutiert.
Aber auch für Firmen mit Jobtickets sind die gefundenen Konditionen nicht automatisch optimal. Wir Consorten sind sehr froh darüber, dass Bund und Länder überhaupt eine Jobticket-Lösung definiert haben (Link) und haben im Februar mit vielen Großkundenbetreuerinnen und -betreuern in einem Intensivworkshop Lösungen entwickelt, wie die Chancen des "Deutschlandticket Job" im Firmenmarkt bestmöglich genutzt werden können (Link).
Dazu der der P&C-Tarifexperte Christoph Stadter: "Aus kommerzieller Sicht ist das Verhältnis von 5% Rabatt zu 25% Zuschuss ein toller Erlöshebel, um frisches Geld aus der Wirtschaft in die ÖPNV-Finanzierung zu lenken. Es ist den GVH-Fachleuten zu verdanken, dass sie frühzeitig mit ihren Firmenkunden im Gespräch waren und auch skeptische Rückmeldungen zum stark geschmolzenen Rabatt offen und ehrlich ausgewertet haben. So konnten wir eine Lösung finden, die das deutschlandweite Jobticket konstruktiv aufgreift, aber mehr Anreize für die Firmen bietet."
In der Region Hannover wurde seit Längerem über ein 365-Euro-Ticket diskutiert. Nun nutzen Regionsverwaltung und GVH die Chancen, die das Deutschlandticket bietet – und wollen das Ticket für bestimmte Zielgruppen über das Instrument der Subjektförderung subventionieren. Solche Zielgruppenrabatte wurden in der Bund-Länder-Debatte von Anfang an mitgedacht, müssen allerdings vom jeweiligen Zuschussgeber alleine finanziert werden – hier von der Region Hannover.
Heraus kommen Endkundenpreise von 365 €, wobei sich die Firma beim Jobticket unverändert mit mindestens 25% am 49-Euro-Preis beteiligt. Hinzu kommt noch ein besonders attraktives "Gratis-Jobticket", das im GVH für 2023 sowieso geplant war, nun aber aufs Deutschlandticket umgelegt wurde: Wenn eine Firma 60% des Ticketpreises bezahlt, übernimmt die Region Hannover die restlichen 35% (nachdem 5% von Bund und Ländern getragen werden).
Erfreulicherweise halten sich die wirtschaftlichen Auswirkungen in Grenzen. Gerade weil schon im bisherigen GVH-Tarif eine saftige Sozialticket-Preisabsenkung zu finanzieren war, ließen sich die Mehraufwände für den Regionshaushalt auf max. 3 Mio. € p.a. begrenzen. Eine große Herausforderung stellt dabei natürlich die Datenbasis dar, wie unser Datenfachmann Dr. Michael Klier zu berichten weiß: "Nach der jahrelangen Corona-Pandemie überlagern sich die Effekte, sodass Prognosemodelle immer unsicherer werden. Die zeitgleiche Änderung von Preisniveau, Gültigkeitsbereich und Bindungsintensität (Stichwort monatliche Kündbarkeit) verursacht eine Vielzahl von Nachfrageeffekten, die sich teils gegenläufig verhalten. Zum Glück konnten wir unser jahrelanges Monitoring der österreichischen 365-Euro- und Klimatickets in unser Prognosemodell einbringen."
Nun steht noch der finale Beschluss der Regionsversammlung aus, bis am 3. April dann der Verkaufsstart des Deutschlandtickets eingeläutet wird – in Hannover voraussichtlich mit ein paar spannenden zusätzlichen Varianten!